Denn es gibt eine Art von gemißbrauchter und in Dienst genommener Kultur – man sehe sich nur um! Mehrmals ist mir schon, wenn ich jemandem die Abwesenheit einer deutschen Kultur vor Augen stellte, eingewendet worden: »aber diese Abwesenheit ist ja ganz natürlich, denn die Deutschen sind bisher zu arm und bescheiden gewesen. Deshalb beschäftige ich mich hier mit einer Art von Männern, deren Teleologie etwas über das Wohl eines Staates hinausweist, mit den Philosophen, und auch mit diesen nur hinsichtlich einer Welt, die wiederum von dem Staatswohle ziemlich unabhängig ist, der Kultur. Selbst die vielbewunderte Art, mit der die deutschen Gelehrten auf ihre Wissenschaft losgehen, zeigt vor allem, daß sie dabei mehr an die Wissenschaft als an die Menschlichkeit denken, daß sie wie eine verlorne Schar sich ihr zu opfern angelehrt werden, um wieder neue[292] Geschlechter zu dieser Opferung heranzuziehen. Das Urteil der alten griechischen Philosophen über den Wert des Daseins besagt so viel mehr als ein modernes Urteil, weil sie das Leben selbst in einer üppigen Vollendung vor sich und um sich hatten und weil bei ihnen nicht wie bei uns das Gefühl des Denkers sich verwirrt in dem Zwiespalte des Wunsches nach Freiheit, Schönheit, Größe des Lebens und des Triebes nach Wahrheit, die nur frägt: was ist das Dasein überhaupt wert? »Vor kurzem«, schreibt er einmal in seiner ergreifenden Art, »wurde ich mit der Kantischen Philosophie bekannt – und dir muß ich jetzt daraus einen Gedanken mitteilen, indem ich nicht fürchten darf, daß er dich so tief, so schmerzhaft erschüttern wird als mich. – Wir können nicht entscheiden, ob das, was wir Wahrheit nennen, wahrhaft Wahrheit ist, oder ob es uns nur so scheint. Er wirft höhnisch all den bunten Schmuck von sich, welcher ihm kurz vorher gerade sein Menschlichstes schien, seine Künste und Wissenschaften, die Vorzüge seines verfeinerten Lebens, er schlägt mit der Faust wider die Mauern, in deren Dämmerung er so entartet ist, und schreit nach Licht, Sonne, Wald und Fels. By: Friedrich Nietzsche Narrated by: Hans Jochim Schmidt Free with a 30-day trial $14.95/month after 30 days. Muß er sich nicht den Anschein geben, mehr zu wissen, als er weiß? Der Künstler macht sein Werk nach dem Willen der Natur zum Wohle der anderen Menschen, darüber ist kein Zweifel: trotzdem weiß er, daß niemals wieder jemand von diesen andern Menschen sein Werk so verstehen und lieben wird, wie er es selbst versteht und liebt. Wie sieht nun der Philosoph die Kultur in unserer Zeit an? Höhere Ansprüche scheint aber der letzte Krieg und die persönliche Vergleichung mit den Franzosen kaum hervorgerufen zu haben, vielmehr überkommt mich öfter der[333] Verdacht, als ob der Deutsche sich jenen alten Verpflichtungen jetzt gewaltsam entziehen wollte, welche seine wunderbare Begabung, der eigentümliche Schwer- und Tiefsinn seiner Natur, ihm auflegt. Sie reden wirklich, sie stammeln nicht und schwätzen auch nicht nach; sie bewegen sich und leben wirklich, nicht so unheimlich maskenhaft, wie sonst Menschen zu leben pflegen: weshalb es uns in ihrer Nähe wirklich einmal menschlich und natürlich zumute ist und wir wie Goethe ausrufen möchten: »Was ist doch ein Lebendiges für ein herrliches köstliches Ding! Ist's das letztere, so ist die Wahrheit, die wir hier sammeln, nach dem Tode nichts mehr, und alles Bestreben, ein Eigentum zu erwerben, das uns auch noch in das Grab folgt, ist vergeblich. Auch hält er sich von der spitzfindigen, übermäßig beweglichen und – mit Erlaubnis gesagt – ziemlich undeutschen Manier Lessings frei: was ein großes Verdienst ist, da Lessing in bezug auf prosaische Darstellung unter Deutschen der verführerischste Autor ist. Wenn der Deutsche aufhört, Faust zu sein, ist keine Gefahr größer als die, daß er ein Philister werde und dem Teufel verfalle – nur himmlische Mächte können ihn hiervon erlösen. Und so will ich denn heute des einen Lehrers und Zuchtmeisters, dessen ich mich zu rühmen habe, eingedenk sein, Arthur Schopenhauers – um später anderer zu gedenken.[290]. Das Nachlaßfragment 27[80] aus dem Frühsommer 1878, in dem Nietzsche rückblickend die Bedeutung von »Schopenhauer als Erzieher« für seinen Werdegang beurteilt, scheint das Scheitern des Versuchs zu betonen, die Schopenhauer- und die Wagner-Erfahrung zusammenzudenken. Solange jemand nach dem Leben wie nach einem Glücke verlangt, hat er den Blick noch nicht über den Horizont des Tieres hinausgehoben, nur daß er mit mehr Bewußtsein will, was das Tier im blinden Drange sucht. Erreicht die Natur ihr Ziel auch so, wenn die meisten den Zweck ihrer eignen Bemühung falsch bestimmen? This amount is subject to change until you make payment. Schopenhauer macht mit den gelehrten Kasten wenig Umstände, separiert sich, erstrebt Unabhängigkeit von Staat und Gesellschaft – dies ist sein Beispiel, sein Vorbild – um hier vom Äußerlichsten auszugehen. Von dieser Seite kommt jener beliebte Satz und Kettenschluß her, der ungefähr so lautet: möglichst viel Erkenntnis und Bildung, daher möglichst viel Bedürfnis, daher möglichst viel Produktion, daher möglichst viel Gewinn und Glück – so klingt die verführerische Formel. Ist ein solches Denken nicht von vornherein gleichsam entmannt! Hier verläuft sich unsre Betrachtung in das Praktische und Anstößige. Dies kann doch nicht vom angeblichen »Trieb zur Wahrheit« herkommen: denn wie sollte es überhaupt einen Trieb nach der kalten reinen folgenlosen Erkenntnis geben können! Denn der moderne Staat rechnet jetzt die Förderung der Philosophie zu seinen Aufgaben und sucht zu jeder Zeit eine Anzahl Menschen mit jener »Freiheit« zu beglücken, unter der wir die wesentlichste Bedingung zur Genesis des Philosophen verstehen. Schopenhauer als Erzieher (1874) Richard Wagner in Bayreuth (1876) In den kulturkritischen Abhandlungen „stellt sich Nietzsche kritisch gegen seine Zeit und seine Zeitgenossen, um auf diese Einfluss zu nehmen und zugunsten einer kommenden Zeit zu wirken. Richard Wagner in Bayreuth Vielmehr: Der Wille hat mich. Ich verkörpere nichts als reinen Willen zum Leben. Der Mensch, welcher nicht zur Masse gehören will, braucht nur aufzuhören, gegen sich bequem zu sein; er folge seinem Gewissen,[287] welches ihm zuruft: »sei du selbst! Weil er merkt, daß man ihn um sich selbst betrügen will und daß eine Art von Übereinkunft besteht, ihn aus seiner eignen Höhle wegzustehlen. 3. Aber eben nur scheinbar; denn in ihr bekämpft er das, was ihn hindert, groß zu sein,[308] das bedeutet bei ihm nur: frei und ganz er selbst zu sein. Ganz beglückte Zeiten brauchten den Gelehrten nicht und kannten ihn nicht, ganz erkrankte und verdrossene Zeiten schätzten ihn als den höchsten und würdigsten Menschen und gaben ihm den ersten Rang. Zwar nur als Buch: und das war ein großer Mangel. Wenn es aber einseitig sein sollte, nur die Schwäche der Linien und die Stumpfheit der Farben am Bilde des modernen Lebens hervorzuheben, so ist jedenfalls die zweite Seite um nichts erfreulicher, sondern nur um so beunruhigender. Man sieht mit banger Erwartung auf sie hin wie in den Braukessel einer Hexenküche: es kann jeden Augenblick zucken und blitzen, schreckliche Erscheinungen anzukündigen. Die Natur wirtschaftet nicht klug, ihre Ausgaben sind viel größer als der Ertrag, den sie erzielt; sie muß sich bei all ihrem Reichtum irgendwann einmal zugrunde richten. Aber so geht es uns allen, den größten Teil des Lebens hindurch: wir kommen für gewöhnlich aus der Tierheit nicht heraus, wir selbst sind die Tiere, die sinnlos zu leiden scheinen.[322]. Das mochte bis zu einem gewissen Grade angehen; aber es geht nicht an, wenn der moderne Staat eine Gegenphilosophie ernennt, von der er legitimiert werden will: denn er hat nach wie vor die Philosophie gegen sich, und zwar jetzt mehr als vorher. Wenn einmal beide Wege sich kreuzen, so wird er gemißhandelt, beiseite geworfen oder mit scheuem Beiseitetreten isoliert. Wer wird das Bild des Menschen aufrichten, während alle nur den selbstsüchtigen Wurm und die hündische Angst in sich fühlen und dergestalt von jenem Bilde abgefallen sind, hinab ins Tierische oder gar in das Starr-Mechanische? Essays on the Wisdom of Life, Paperback by Schopenhauer, Arthur, Brand New, F... Шопенгауэр Метафизика половой любви Schopenhauer BOOK IN RUSSIAN, Фридрих Ницше: Падение кумиров Сборник / Friedrich Nietzsche BOOK IN RUSSIAN, The Essays of Arthur Schopenhauer: Studies in Pessimism (Dodo Press) by Arthur S, On the Use and Abuse of History for Life by Friedrich Wilhelm Nietzsche (English, EL ANTICRISTO FRIEDRICH NIETZSCHE (spanish). Das sammelt eine Wolke von Melancholie auf ihrer Stirne: denn daß das Scheinen Notwendigkeit ist, hassen solche Naturen mehr als den Tod; und eine solche andauernde Erbitterung darüber macht sie vulkanisch und bedrohlich. Citation Information. Man fühle nur einmal recht herzlich nach, wie groß, durch und durch und in allem, Schopenhauer ist – und wie klein, wie absurd seine Wirkung! Vom Gelehrten wurde genug gesprochen. Wenn er jetzt nun sein furchtloses Auge der Frage zuwandte: »was ist das Leben überhaupt wert?« – so hatte er nicht mehr eine verworrene und abgeblaßte Zeit und deren heuchlerisch unklares Leben zu verurteilen. Aber es gibt Augenblicke, wo wir dies begreifen: dann zerreißen die Wolken, und wir sehen, wie wir samt aller Natur uns zum Menschen hindrängen, als zu einem Etwas, das hoch über uns steht. Ich weiß es nicht; hat es einer getan und bleibt doch Staatsbeamter, so war er jedenfalls ein schlechter Freund der Wahrheit; hat er es nie getan – nun, ich sollte meinen, auch dann wäre er kein Freund der Wahrheit. Man traute ihnen zu, wenig zu wissen und nie um eine verdunkelnde Wendung verlegen zu sein, um über diesen Mangel des Wissens zu täuschen. Diese Menschen, die ihre Freiheit in das Innerliche geflüchtet haben, müssen auch äußerlich leben, sichtbar werden, sich sehen lassen; sie stehen in zahllosen menschlichen Verbindungen durch Geburt, Aufenthalt, Erziehung, Vaterland, Zufall, Zudringlichkeit anderer; ebenfalls zahllose Meinungen werden bei ihnen vorausgesetzt, einfach weil sie die herrschenden sind; jede Miene, die nicht verneint, gilt als Zustimmung; jede Handbewegung, die nicht zertrümmert, wird als Billigung gedeutet. Aber, wird man einwenden, er soll ja gar nicht Denker sein, sondern höchstens Nach- und Überdenker, vor allem aber gelehrter Kenner aller früheren Denker; von denen wird er immer etwas erzählen können, das seine Schüler nicht wissen. Wer nämlich zu beobachten weiß, bemerkt, daß der Gelehrte seinem Wesen nach unfruchtbar ist – eine Folge seiner Entstehung! Jeder Mensch pflegt in sich eine Begrenztheit vorzufinden, seiner Begabung sowohl als seines sittlichen Wollens, welche ihn mit Sehnsucht und Melancholie erfüllt; und wie er aus dem Gefühl seiner Sündhaftigkeit sich hin nach dem Heiligen sehnt, so trägt er, als intellektuelles Wesen, ein tiefes Verlangen nach dem Genius in sich. Es sind gewiß Kräfte da, ungeheure Kräfte, aber wilde, ursprüngliche und ganz und gar unbarmherzige. Besonders das Kunsthandwerk wird immer von neuem auf den Wetteifer mit dem gebildeteren Nachbar hingewiesen, die Einrichtung des deutschen Hauses soll der des französischen angeähnlicht werden, selbst die deutsche Sprache soll, vermittelst einer nach französischem Muster gegründeten Akademie, sich »gesunden Geschmack« aneignen und den bedenklichen Einfluß abtun, welchen Goethe auf sie ausgeübt habe – wie ganz neuerdings der Berliner Akademiker Dubois-Reymond urteilt. Wenn die Philosophie jetzt nicht viel geachtet wird, so soll man nur fragen, weshalb jetzt kein großer Feldherr und Staatsmann sich zu ihr bekennt – nur deshalb, weil in der Zeit, wo er nach ihr gesucht hat, ihm ein schwächliches Phantom unter dem Namen der Philosophie entgegenkam, jene gelehrtenhafte[363] Katheder-Weisheit und Katheder-Vorsicht, kurz, weil ihm die Philosophie beizeiten eine lächerliche Sache geworden ist. Höre Schopenhauer als Erzieher kostenlos | Hörbuch von Friedrich Nietzsche, gelesen von Hans Jochim Schmidt | Jetzt GRATIS das Hörbuch herunterladen | Im Audible-Probemonat: 0,00 € Diese Klapperer sind die Naturwissenschaften und die Historie; allmählich haben diese die deutsche Traum- und Denkwirtschaft, die so lange Zeit mit der Philosophie verwechselt wurde, dermaßen eingeschüchtert, daß jene Denkwirte den Versuch, selbständig zu gehen, gar zu gern aufgeben möchten; wenn sie aber jenen unversehens in die Arme fallen oder ein Gängelbändchen an sie anbinden wollen, um sich selbst zu gängeln, so klappern jene sofort so fürchterlich wie möglich – als ob sie sagen wollten: »das fehlte nur noch, daß so ein Denkwirt uns die Naturwissenschaften oder die Historie verunreinigte! Sollten die Genannten vielleicht gar nicht mehr dafür Bürgschaft leisten, daß solche Kräfte, wie die ihrigen, wirklich noch in dem deutschen Geiste und Sinne vorhanden sind? Deshalb empfindet der Wahrhaftige den Sinn seiner Tätigkeit als einen metaphysischen, aus Gesetzen eines andern und höhern Lebens erklärbaren und im tiefsten Verstande bejahenden: so sehr auch alles, was er tut, als ein Zerstören und Zerbrechen der Gesetze dieses Lebens erscheint. Ich verstand ihn, als ob er für mich geschrieben hätte: um mich verständlich, aber unbescheiden und töricht auszudrücken. Wer zwischen sich und die Dinge Begriffe, Meinungen, Vergangenheiten, Bücher treten läßt, wer also, im weitesten Sinne, zur Historie geboren ist, wird die Dinge nie zum ersten Male sehen und nie selber ein solches erstmalig gesehenes Ding sein; beides gehört aber bei einem Philosophen ineinander, weil er die meiste Belehrung aus sich nehmen muß und weil er sich selbst als Abbild und Abbreviatur der ganzen Welt dient. Mit dieser Eigenschaft erscheinen sie selbst rührend. Ein neuer Grad der Kultur würde augenblicklich das ganze System menschlicher Bestrebungen einer Umwälzung unterwerfen.« Nun, wenn solche Denker gefährlich sind, so ist freilich deutlich, weshalb unsre akademischen Denker ungefährlich sind; denn ihre Gedanken wachsen so friedlich im Herkömmlichen, wie nur je ein Baum seine Äpfel trug: sie erschrecken nicht, sie heben nicht aus den Angeln; und von ihrem ganzen Tichten und Trachten wäre zu sagen, was Diogenes, als man einen Philosophen lobte, seinerseits einwendete: »Was hat er denn Großes aufzuweisen, da er so lange Philosophie treibt und noch niemanden betrübt hat?« Ja, so sollte es auf der Grabschrift der Universitätsphilosophie heißen: »sie hat niemanden betrübt«.

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